Emotionalizing Brands #14 – Gendern, Sprachschönheit und SEO? Das geht!

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Emotionalizing Brands #14 – Gendern, Sprachschönheit und SEO? Das geht!

Wie beeinflussen gegenderte Keywords die SEO-Performance? Wo bleibt die Orientierung im Sammelsurium der Genderschreibweisen?

Wie beeinflussen gegenderte Keywords die SEO-Performance? Wo bleibt die Orientierung im Sammelsurium der Genderschreibweisen? Wir machen den Gendercheck und prüfen die unterschiedlichen Schreibweisen hinsichtlich ihrer Adäquatheit, Lesbarkeit, Ästhetik und SEO-Tauglichkeit.

Am Thema gendergerechte Sprache kommt aktuell wohl niemand vorbei. Allerdings wäre es auch zuviel gesagt, das Thema sei bereits in „aller Munde“. Denn obwohl viele Privatpersonen das Gendern schon in ihren Sprachgebrauch übernommen haben, tun sich einige Institutionen und Unternehmen noch immer schwer mit einer Umstellung. Ein wichtiger Faktor, der dabei häufig als Begründung genannt wird: Was macht das mit unserer Web-Präsenz? Zerstören wir damit unsere hart erarbeitete SEO-Performance und machen uns im Netz unauffindbar?

Grundsätzlich ist diese Sorge natürlich berechtigt. Denn heute werden Kaufentscheidungen im B2B längst nicht mehr nur aufgrund von Empfehlungen oder persönlichen Kontakten gefällt. Eine ausführliche Webrecherche geht jeder Kaufentscheidung voraus – und da können organische Suchergebnisse je nach B2B-Branche ein starker Vorteil sein. Als erster Schritt muss daher gründlich überprüft werden, ob Gendern für die eigenen Keywords überhaupt eine Rolle spielt. Das ist in vielen Branchen nicht der Fall. Denn die relevanten Suchbegriffe sind im B2B oft technischer Natur. Bei einer gendergerechten Überarbeitung der Website überwiegen meist die Vorteile. Schließlich macht es einen Unterschied, ob Sie Ihre Mitarbeitenden in ihrer gesamten Vielfalt darstellen und Ihren Kundenstamm nicht nur als männlich wahrnehmen. Wertschätzung ist ein starker emotionaler Grund für langfristige Businessverbindungen.

Was aber, wenn ihr Keyword nicht nur dem Lesenden gefallen muss, sondern auch dem Crawler? Performt das Keyword „Illustrator*in“ unter SEO-Aspekten ebenso erfolgreich wie „Illustrator“? Oder kann Google mehr mit „IllustratorInnen“ anfangen? Wir haben das recherchiert und hier finden Sie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Schreibweisen hinsichtlich ihrer Adäquatheit, Lesbarkeit, Ästhetik und SEO.

Schreibweisencheck

Schrägstrich mit Bindestrich und Binnenmajuskel: Designer-/in und DesignerIn

Auch der Slash mit und ohne Bindestrich sowie das Binnenmajuskel, oder Binnen-I, repräsentieren vor allem zwei Geschlechter. Möchte man Vielfalt abbilden, sind diese Schreibweisen daher eindeutig verfehlt. Während das Binnen-I ziemlich unauffällig ist, gleicht der Schrägstrich mit Bindestrich eher der Holzhammermethode. Möglichst umständlich, möglichst unschön und möglichst unpraktisch. Google betrachtet das Binnenmajuskel als Schreibfehler und wertet das Wort dann als rein weibliche Bezeichnung, „Designerinnen“. Dies wirkt sich natürlich auf den Sucherfolg aus. Auch ohne Google kann DESIGNERIN von DESIGNERIN nicht unterschieden werden. Fazit: Ungeeignet.

Asterisk: Designer*innen

Viel besser sieht es schon mit dem Gendersternchen aus. Es ist mittlerweile weit verbreitet und deutet die Möglichkeit mehrerer Geschlechter an. Inzwischen ist beim Sternchen schon ein gewisser Gewöhnungseffekt eingetreten. Die Tatsache, dass das Sternchen eigentlich gar kein Wortzeichen ist, fällt meist nicht mehr auf, sodass es sich verhältnismäßig gut liest. Google scheint dies allerdings noch nicht gelernt zu haben und interpretiert * als Leerzeichen. Sucht man „Designer*in Müller“, schaltet Google die Suche „Designer“ „in“ „Müller“. Fazit: Das Sternchen ist adäquat, für SEO-Zwecke jedoch leider nicht optimal.

Doppelnennungen: Designerinnen und Designer

Mit Doppelnennungen werden männliche und weibliche Personen unmissverständlich und direkt angesprochen. Doch was ist mit inter-, transsexuellen und queeren Menschen? Die Doppelnennung bildet nicht die Vielfalt der Geschlechter ab, die seit 2018 auch rechtlich verbrieft ist. Zudem können Texte, in denen Designerinnen und Designer ihren Kundinnen und Kunden Dienstleistungen für Drittanbieterinnen und -anbieter verkaufen, sehr sehr lang werden. Das gefällt nicht nur den Leser*innen nicht, sondern auch der Google-Algorithmus straft zu lange Sätze mit schlechten Rankings ab. Fazit: Nicht zu empfehlen.

Gendergap: Designer_innen

Ebenso wie das Sternchen bildet der Gendergap Geschlecht als Vielfalt ab. Alles, was sich zwischen männlich und weiblich bewegt, wird hier eingeschlossen. Der Unterstrich macht allerdings bei Unterstreichungen Probleme, was in Design-Kontexten relevant werden könnte. Designer_in ist auf den ersten Blick nicht mehr als Genderschreibweise zu erkennen. Google scheint in der Interpretation des Gendergaps unsicher zu sein. Manchmal wird die Suche als Suche nach „Designer“ „in“ „…“ gewertet, manchmal als rein weibliche Form interpretiert – beides verfehlt das Ziel. Fazit: Der Gendergap ist adäquat, kann allerdings zu typographischen Kollisionen führen und ist daher für ästhetische Zwecke nicht immer gut zu verwenden. Für SEO ist der Unterstrich nicht optimal.

Doppelpunkt Designer:innen

Schön anzusehen ist der Doppelpunkt. Anders als das Sternchen oder der Unterstrich irritiert er den Lesefluss etwas dezenter, spricht aber trotzdem alle Geschlechter an. Für die SEO scheint der Doppelpunkt auch von Vorteil zu sein. Denn in Personenbezeichnungen, in denen der Wortstamm bereits die männliche Form darstellt, rankt Google die Begriffe gleich doppelt. Die Suche nach „Designer:in“ ergibt dann für Google automatisch zwei Suchen, nämlich die Suche nach „Designer“ und die Suche nach „Designerin“. Das funktioniert allerdings nur für Personenbezeichnungen, deren Wortstamm die korrekte männliche Form bildet. Bei Kund:innen ist das z.B. nicht der Fall. Trotzdem ist das Fazit: sehr schöne, gut lesbare Variante, die unter Umständen sogar das Ranking erhöht.

Trema: Designerïnnen

Noch relativ unbekannt, aber nicht weniger beachtenswert ist das Trema. Hierbei handelt es sich um ein lautsprachliches Zeichen, das in einigen Sprachen sogar als Buchstabe verwendet wird. Dennoch: das Trema ist sozusagen die direkte Abbildung der Sprechweise: „Designer(Glottisschlag – so der schöne Fachbegriff)innen“. Nachzulesen ist der Zusammenhang zwischen Laut- und Schriftsprache des Tremas beim Gendern sehr schön in diesem Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Damit ist das Trema nicht nur geschlechtergerecht, sondern auch barrierefrei. Menschen, die sich Texte aus dem Internet vorlesen lassen müssen oder wollen, können bei der Trema-Schreibweise entspannt zuhören – während alle anderen Schreibweisen mit viel Pech zu „Designer Sternchen innen“ werden. Ästhetisch Interessierte mag das Trema ebenso begeistern. Ganz elegant irritieren die Pünktchen dezent den Lesefluss, ohne ihn komplett zu stören. Dass mit „Designerïnnen“ mehr als nur männliche und weibliche Designer*innen angesprochen werden sollen, ist dem Trema zumindest nicht weniger anzusehen als dem Doppelpunkt. Leider kennt Google diese Schreibweise noch nicht. Das Fazit ist daher: sehr elegant und wunderbar lesbar, für SEO allerdings noch ungeeignet. Doch: Mit viel Ausdauer lässt sich der Suchmaschine auch verändertes Lese-, Schreib- und Suchverhalten beibringen.

Alles nicht ganz perfekt – und das ist gut so!

Klar – neben einigen SEO-Fallstricken hat jede Schreibweise ihre Vor- und Nachteile. Gemeinsam haben sie, dass es bei einigen Wortformen zu grammatischen Problemen führt, möchte man alle Geschlechter in einem Wort zum Ausdruck bringen. Wenn sich nämlich der Wortstamm in der männlichen und weiblichen Form unterscheidet, funktionieren Sternchen, Doppelpunkt, Majuskel, Gendergap & Co. nicht mehr so richtig. Das Wort Ärzt:in repräsentiert die männliche Form, Arzt*in die weibliche dann nicht mehr. Aber das ist auch gar nicht so schlimm. Diese Unstimmigkeit sehen zu können, erinnert einfach nur an die grundlegende Inadäquatheit von Sprache.

Nie wird irgendetwas 100% „richtig“ sprachlich repräsentiert, es bleibt immer ein kleiner Rest. In diesem Rest liegen die Lebendigkeit, Kreativität und damit auch Gerechtigkeit der Sprache. Er macht sie zu etwas, zu dem sich trefflich demokratisch streiten lässt. Und das ist immer gut. Auch für Google ist die Vielfalt der Genderschreibweisen und die Internetdebatte zum Thema Gendern ganz sicher ein Anlass, den Algorithmus auf lange Sicht anzupassen. Und schon jetzt kann wie im Falle des Doppelpunkts auch die Genderschreibweise den Traffic der eigenen Webseite im Idealfall sogar erhöhen.

Welche Schreibweise in Ihrem Unternehmen und auf Ihrer Webseite die beste, schönste, zielführendste ist, lässt sich daher nicht pauschal sagen. Natürlich berät Liebchen+Liebchen Sie gerne dazu, wie Sie für Ihre Zwecke am schönsten gendern und wie sich das Gendern mit Ihrer SEO am besten vereinen lässt.

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