Verständliche Texte für Versicherungen

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Verständliche Texte für Versicherungen

Verständliche Texte sind für jede Branche wichtig. Für eine jedoch besonders: für Versicherungen! Hier werden fachliche und juristische Inhalte oft direkt in die Kommunikation übernommen. Mit gravierenden Folgen für die Verständlichkeit und das Image bei Verbrauchern.

Verständliche Texte sind für jede Branche wichtig. Für eine jedoch besonders: für Versicherungen! Hier werden fachliche und juristische Inhalte oft direkt in die Kommunikation übernommen. Mit gravierenden Folgen für die Verständlichkeit und das Image bei Verbrauchern.

Versicherungstexte sind schwer zu verstehen, so die gängige Meinung. Wie schwer, das hängt vom eigenen Vorwissen ab: Wer schon etwas weiß, liest in der Regel gründlicher – und versteht mehr. Umgekehrt nehmen Menschen mit einem geringeren Kenntnisstand die entsprechenden Informationen eher an der Oberfläche wahr – und stoßen schneller auf Verständnishürden. Steht es dann mit der Verständlichkeit der Texte selbst nicht zum Besten, vergrößert sich die Wissenskluft weiter. Gute Karten haben Versicherer, die Verständlichkeit als Kommunikationsaufgabe identifizieren und für eine reibungslose Rezeption Sorge tragen.

Zwei Beispiele aus der Praxis

Machen wir die Probe aufs Exempel und betrachten wir ein Beispiel aus einem Versicherungstext: „Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres sind Studenten in der Krankenversicherung regelmäßig über die Eltern mitversichert.“ Wann genau ist das 25. Lebensjahr vollendet? Wenn man seinen 26. Geburtstag feiert? Oder kurz vorher? Die Antwort: Die Versicherung gilt nur bis zum 25. Geburtstag. Schließlich ist der Versicherte dann genau 25 Jahre auf der Welt.

Zweites Beispiel: „Sengschäden werden von der Versicherung nicht erfasst.“ Was genau sind Sengschäden? Die Antwort: Beschädigungen durch Hitze, jedoch ohne Brand oder Feuer, zum Beispiel durch glimmende Zigarettenasche. Was sich manche Versicherungskunden noch zusammenreimen können, stößt bei anderen  auf blankes Unverständnis.

Verbraucher verstehen häufig Bahnhof

Die Bedeutung von verständlichen Informationen bestätigen auch die Ergebnisse einer FORSA-Umfrage: Mehr als drei Viertel der Befragten treffen häufig oder sehr häufig auf schwer verständliche Informationen. Das gilt branchenübergreifend. Damit rückt das Randthema Textverständlichkeit in den Mittelpunkt der Kommunikation.

Mit Blick auf die Versicherungsunternehmen stellt sich die Lage als noch prekärer dar:

  • 28 % der Befragten halten Produktinformationen von Versicherungen für unverständlich. Damit liegen sie nur knapp vor Formularen und Erläuterungen für die Steuererklärung. Selbst Beipackzettel werden als verständlicher beurteilt.
  • 53 % der Befragten haben das Gefühl, dass Informationen von Versicherungen absichtlich unverständlich formuliert sind. Unverständlichkeit kostet also Vertrauen, insbesondere dann, wenn die Verbraucher Vorsatz vermuten.
  • 74 % der Befragten sind über unverständliche Passagen im Versicherungsvertrag sehr verärgert. Man kann sich leicht ausmalen, dass Unverständlichkeit damit zum regelrechten Verkaufskiller wird.

Best Practice ERGO Versicherung

Die ERGO hat Verstehen und Verständlichkeit zum Kern der Marke erhoben. Das ist bemerkenswert, denn damit wird ein Sprachmerkmal zum allesentscheidenden Faktor. „Versichern heißt verstehen“, lautet der Claim, mit dem sich das Unternehmen explizit von kundenfernen, bürokratischen und deshalb unverständlichen Versicherungen absetzt. Damit ist zunächst der Absender gemeint: Die ERGO versteht die Bedürfnisse ihrer Kunden – und antwortet darauf mit ihren „ergonomischen“ Produkten und Services.

Neben dem Verstehen kommt auch die Verständlichkeit nicht zu kurz. Ein Kundenbeirat, ein Kundensprecher und eine Klartext-Initiative sollen in Richtung einer verständlichen Sprache wirken. Als erstes Versicherungsunternehmen hat sich die ERGO für Verständlichkeit zertifizieren lassen: Der TÜV Saarland führte mit einer eigenen Software Textprüfung, Sprachprüfung und Lesertests durch. Er bewertete die Verständlichkeit der ERGO-Unterlagen mit „gut“.

Verständlichkeit und Corporate Language

Textverständlichkeit kann insbesondere bei Versicherungen stark die Corporate Language prägen. Dabei greift der schon eingangs formulierte Gedanke: Verständlichkeit ist für jedes Unternehmen wichtig, für manche Unternehmen jedoch besonders. Verständlichkeit interferiert dann stark mit der spezifischen Tonalität, also den spezifischen sprachlichen Erkennungszeichen der Unternehmenssprache.

Typischerweise ergibt sich dann ein antagonistisches Kräfteverhältnis: Stuft man die Rolle der Verständlichkeit als sehr hoch ein, fällt es in der Regel schwer, in Texten einen besonderen Klang zu entfalten. Sehr verständliche Texte klingen eher neutral. Sie argumentieren kleinschrittig und arbeiten mit klaren und einfachen Wenn-Dann-Szenarien. Darin ähneln sie vielfach der Leichten Sprache. Umgekehrt mindert eine sehr prägnante Tonalität die Textverständlichkeit. Der unverwechselbare „Sound“ eines Textes ist unter Verständlichkeitsgesichtspunkten reiner Ballast. Bei der Entwicklung von Versicherungstexten stellt sich daher die Aufgabe, beide Faktoren – Tonalität und Verständlichkeit – in das richtige Verhältnis zueinander zu setzen.

Software-Lösungen sorgen nur für formale Verständlichkeit

Sind die Kriterien für formale Verständlichkeit erfüllt, bedeutet das allerdings noch lange nicht, dass Texte auch inhaltlich verständlich sind. Selbst ambitionierte Softwarelösungen zur Messung und Optimierung der objektiven Textverständlichkeit wie z. B. TextLab, LinguLab, Wortliga oder PR-Gateway, beurteilen „nur“ formale Kriterien. Mit einer Einschränkung: Textlab bietet die Möglichkeit, die Wortwahl des Schreibenden mit einem hinterlegten Vokabular abzugleichen. Insofern ragen hier durchaus inhaltliche Elemente in formale Merkmale hinein. Allerdings beschränkt sich diese Einflussnahme auf die Wortebene – auf einzelne, als verständlich oder unverständlich deklarierte Begriffe.

Kontrolle über die Inhalte

Den Grad der Verständlichkeit oder Unverständlichkeit bezogen auf einen inhaltlich logischen Textaufbau und den inneren Sinnzusammenhang kann eine Software (noch) nicht messen. Ein Text kann mit anderen Worten formal verständlich sein – und mit Blick auf die Inhalte (also die eigentliche Textbedeutung) die reine Katastrophe. Um diese Seite der Verständlichkeit zu pflegen, ist weiterhin der denkende und schreibende Mensch gefordert.

Als Agentur mit einem Schwerpunkt auf Corporate Language und Textverständlichkeit bieten wir Konzepte und Lösungen, um die Verständlichkeit von Versicherungstexten zu verbessern – sprechen Sie uns an!

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